Knapp Vorbei in Kropplenburg 2003

In den frühen Morgenstunden von Werktagen herrscht im Güterbahnhof von Kropplenburg meistens reger Betrieb. Leider sorgte am Mittwoch dem 7. Mai 2003 dort ein kleiner Zwischenfall, der sich in 70 Km Entfernung ereignete, für entsetzte Blicke und Schreie nach dem Allmächtigen.

In Altschanze, das an der Hauptstrecke südlich von Kropplenburg liegt, hatte ein allzu heftiges Rangiermanöver einen vierachsigen Kesselwagen gerade auf der Weiche zum Entgleisen gebracht, über die die Ausfahrt nach Norden stattfindet. Bis der Wagen aufs Gleis und die Weiche in Ordnung gebracht worden waren, hatte der Güterschnellzug nach Gnadenstadt und Pilsen, der um 03:30 Uhr abfahren sollte, seinen Pfad verpaßt. Weil aber der Zug an diesem Tag nicht besonders schwer beladen war, wurde entschieden, ihn ganz zu streichen und seine Wagons dem Zug, der um 04:30 abfahren sollte, anzuhängen. Dieser Zug war aber ein sogenannter "Güterbummelzug", der auf seinem Weg nach Gnadenstadt in Kropplenburg, Dämenow und Bewitz-Hafen Wagons absetzen und andere mitnehmen sollte. Der Zug, nun aus 73 Wagons bestehend und von der nagelneuen Güterzuglokomotive Nr. 655A.05 geführt, verließ Altschanze pünktlich und lief um 05:15 Uhr in Kropplenburg ein, paßte aber erst nach etwas zeitraubender Rangierarbeit in den dortigen etwas engen Güterbahnhof hinein. Ein weiterer, aus Treschen nähernder Güterzug, der planmäßig um 05:35 Uhr eintreffen sollte, konnte also nicht sofort untergebracht werden, sodaß Bahnwärter Tubarek das Einfahrtssignal auf Rot stehen ließ.

Mittlerweile stand der Express von Warschau nach Rom auf Gleis 2 zur planmäßigen Abfahrt um 05:44 Uhr bereit. Sobald der Altschanzer Güterzug sicher im Güterbahnhof "aufgeräumt" war, durfte der Express mit nur geringfügiger Verspätung abfahren. Aber während dieser gerade auf das Hauptgleis in Richtung Süden hinüberfuhr, stellte Bahnwärter Tubarek mit einem Schrecken fest, daß der Güterzug aus Treschen, gezogen von der 1999 ungebauten Lok Nr. 564BB.010, kräftig den Berg in Richtung Bahnhof hinaufdampfte, was nur darauf schließen ließ, daß der Lokführer das rote Signal übersehen hatte. Erst durch das schnelle Reaktionsvermögen von Tubarek, indem er den Güterzug auf Gleis 1 lenkte, konnte ein womöglich verheerendes Unglück vermieden werden.

Als der Treschener Zug ruckartig durch die Gleisverbindung auf Gleis 1 scherte, erkannte der Lokführer endlich seinen Fehler und zog die Notbremse so heftig wie möglich. Leider ließ er dadurch die Hälfte seines Zuges die Südrampe hinunterhängen, wo er nun den gesamten Verkehr aus dem Süden blockierte. Erst nachdem der Bahnhofsvorsteher, den man rasch von der Situation unterrichtet hatte, den Bahnsteig hinuntermarschiert war und eine laute Standpauke über die Zwecke des Eisenbahnsignalwesens gehalten hatte, war es möglich, die Ordnung einigermaßen wiederherzustellen. Die Ortspresse freute sich natürlich herrlich über diesen Zwischenfall, zumal er sich noch rechtzeitig für ihre Morgenausgaben ereignet hatte. Letztendlich wurde der Lokführer des Treschener Güterzuges disziplinarisch heftig kritisiert und konnte sich für glücklich halten, daß er nicht in den Rangierdienst heruntergestuft wurde.