Das Unglück zu Rowenberg 1933


Am 13. Januar 1933 wurde ein im Bahnhof Rowenberg stehender Personenzug von Kropplenburg nach Bewitz, ausnahmsweise von der neuüberholten 2'D-Güterzuglokomotive Nr. 444B-027 geführt und aus sechs Abteilwagen mit Holzkarosserie aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg bestehend, von einem verspäteten Güterzug hinten angefahren, der bei dichtem Nebel ein Haltesignal überfuhr. Das Gewicht des Güterzuges, der hauptsächlich mit Eisenbalken und landwirtschaftlichen Gütern beladen war, schob die Güterzuglokomotive Nr. 523A-011 mit großer Wucht gegen das Heck des letzten Personenwagens. Dieser wurde völlig zerstört und und sein Fahrgestell durch die Karosserie des nächsten Wagens gedrückt. Auch bei den weiter vorne liegenden Wagen kam es etwas zum "Teleskopieren".  Insgesamt wurden siebzehn Menschen getötet und über sechzig zum Teil schwer verletzt.

Das Verkehrsministerium stellte als Ursachen für das Unglück eine mangelnde Aufmerksamkeit des Personals der Güterzuglokomotive sowie eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit angesichts des bestehenden Nebelwetters. Die Sichtweite betrug stellenweise unter 50 Meter, was kaum ausreichte, um einen 600 Tonnen schweren Güterzug, der mit schätzungsweise 70 km/h fuhr, zum Stehen zu bringen. Sowohl der Lokführer als auch der Heizer behaupteten, sich über ihren aktuellen Standort getäuscht zu haben und meinten, sie wären noch 5 km von Rowenberg entfernt und hätten noch nicht Ausschau nach einem Vorsignal zu halten bzw. ihre Geschwindigkeit zu vermindern.

Relevant für den Unfall ist auch die Tatsache, daß der Güterzug Kropplenburg mit einer Dreiviertelstunde Verspätung verlassen hatte und somit dem Personenzug folgen mußte, statt ihm (normalerweise bis nach Palfen) vorauszufahren. So etwas scheint zwei- oderdreimal im Monat vorgekommen zu sein. Da sich die Lokmänner auf der letzten Fahrt ihrer Schicht befanden, könnte die verspätete Abfahrt sie dazu gespornt haben, etwas zügiger zu fahren, ohne zu beachten, daß vor ihnen ein Personenzug fuhr. (Der Kropplenburger Betriebswerksleiter hat auch gesagt, daß die möglichen Folgen der verspäteten Abfahrt dieses Güterzuges unter seinen Leuten gut bekannt waren and viel negatives Kommentar seitens der Männer, die kurz vor Schichtende waren, verursachten. Aus diesem Grund habe er keinen besonderen Anlaß gesehen, extra Informationen über den Personenzug aufzustellen.)

Zur Verteidigung der Lokmänner wurde das Argument gemacht, daß dieser Güterzug normalerweise mit einer der letzten noch vorhandenen 1'D-Loks der Klasse  442A bespannt wurde. Diese Maschinen hatten etwas kleinere Treibräder. Wenn man die Umgebung nicht betrachten kann und die Geschwindigkeit nur nach den Auspuffschlägen zu schätzen ist, könnte man den Eindruck gewinnen, daß eine großrädrigere Lok wie die 523A langsamer fahre bzw. eine kleinere Strecke zurückgelegt worden sei, als tatsächlich der Fall ist. Laut Bericht lieferte dieses Argument keine Entlastung, da die Lokmänner wußten, daß sie mit einer anderen Art Lokomotive fuhren und auf alle Fälle deren Standort aufgrund von Bahnhöfen, Stellwerken usw. hätten feststellen können.

Die Lokomotiven der Klasse 523A, erstes Baujahr 1911, wurden ab Werk nicht mit Tacho ausgestattet. Erst seit 1931 wurden diese im Laufe der Hauptuntersuchungen nachgerüstet. Die 523A-011 war zuletzt im Herbst 1929 grundüberholt worden und besaß zur Zeit des Unglücks deshalb keinen Tacho.