Class 655B 4-12-6

Verbunddampfmotor-Schnellzuglokomotive Klasse 465A h6v
Konstruktion von Artur Gorote
Erbaut 2006 im
RSR-Werk Bewitz-Akonitz, Ruhnien

Durch die andauernde Suche nach einem besseren Massenausgleich in der Dampflokomotive sind im Laufe der Jahrzehnte viele verschiedene Zylinderanordnungen entstanden. Eine Lösung, die oft von der Lokomotivbauindustrie vorgeschlagen aber fast nie von ihren Kunden aufgenommen wurde, war der schnell laufende Dampfmotor mit Kraftübertragung über Reduziergebtriebe, Blindwelle und Kuppelstangen. Eine solche Anordnung wird normalerweise in Verbindung mit Turbinen und bei früheren Elektroloks gesehen. Der Fünfzylinder-Verbundantrieb, der ab den 1980er Jahren von Jochann Ketterik angewendet wurde, hat in Ingenieurkreisen wegen der großen hin- und hergehenden Massen viel Kritik geerntet, obwohl diese in der Praxis nicht zu den vorausgesagten Problemen geführt haben. Weil die innen liegenden Kuppelstangen Bauart Withuhn sozusagen eine Achse allein für sich in Anspruch nehmen, eigneten sich die wesentlichen Eigenschaften der Güterzugloks der Klassen 665A und 655C, deren Bau noch zur Diskussion stand, für eine Anwendung bei Schnellzuglokomotiven nicht. So kam es dazu, daß Gorote sich entschloß, das Konzept des Dampfmotors wieder unter die Lupe zu nehmen, um zu beurteilen, ob dies für die RSR von Nutzen sein könnte. Auf alle Fälle entfallen total die Probleme des Massenausgleichs, da nur die rotierenden Massen im Laufwerk ausgewuchtet werden müssen. Zu den weiteren Vorteilen des Dampfmotors zählen optimale Schmierung wegen des völlig geschlossenen Motorgehäuses, leichtere Kolben und Pleuelstangen, die höhere Kolbengeschwindigkeiten ermöglichen, einfachere - und somit billigere - Wartung wegen Wegfall des Innenantriebs und eine gleichmäßigere Feueranfachung durch die schwächeren und zugleich schnelleren Auspuffschläge.

Der an der 465A verwendete Dampfmotor besitzt je zwei Hoch-, Mittel- und Niederduckzylinder. Alle Zylinder wirken auf konventionelle Weise doppelt. Die Ventile werden über Zahnradgetriebe getätigt. Es wurden keine Probleme mit der Betriebssicherheit gemeldet. Ein Anpassen der Hauptgetriebeübersetzung erlaubt es, ein optimales Verhältnis zwischen einerseits erforderlicher Fahrgeschwindigkeit und Zugkraft und andererseits Treibraddurchmesser festzulegen. So könnten theoretisch alle Lokomotiven im Grunde identisch sein. Das Potenzial dieser Erkenntnis wird zurzeit noch analysiert.

Die Prototyplok Nr. 465A.001 wurde erstmals im September 2006 unzter Dampf genommen und beförderte Testzüge auf den Hauptstrecken der RSR und RK. Diese Probeläufe wurden fortgesetzt und mehrere Jahre lang ausgewertet. Erste Ergebnisse wirkten vielversprechend. Das schwerste bisher erlebte Problem besteht in einer sehr schwachen Feueranfachung bei niedriger bis mittlerer Leistung, sodaß bei Geschwindigkeiten unter 50 km/h die Nutzung des Gebläses oft erforderlich ist. Erwartungsgemäß läuft die Lok äußerst ruhig und absolut frei von Hammerschlag. Die bisher (nach dem Einfahren) erreichte Höchstgeschwindigkelt betrug 163 km/h mit einem Hängelast von 560 Tonnen auf der beinahe ebenen Uferstrecke zwischen Behlenburg und Märthen.

Text und Grafik © Norman Clubb 2011